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Dein Kind beißt und haut – das steckt wirklich dahinter & 6 Tipps, wie du damit umgehst

zuletzt aktualisiert:

Inhaltsverzeichnis

Ihr sitzt vor dem Fernseher und schaut die Lieblingsserie deines Kindes. Die letzte Folge für heute ist vorbei – du sagst rechtzeitig Bescheid und machst den Fernseher aus.

Dein Kind?

Wird wütend, weil es weiterschauen möchte. Du sprichst ruhig mit ihm und erklärst ihm, dass die Medienzeit für heute aufgebraucht ist – doch statt dich zu verstehen oder dir gar zuzuhören, schlägt es um sich, beißt dich und tritt vielleicht sogar nach dir.

Und du?

Bist überfordert und weißt erstmal kaum, wohin mit dir und was du tun kannst.

Während du also Wirksamkeit brauchst, atmen wir jetzt erstmal gemeinsam. Tief ein und aus.

Vielleicht zählst du auch rückwärts von 100 – eine meiner liebsten Exitstrategien, wenn ich spüre, dass ich wütend werde und mich mein Kind selbst aggressiv macht oder mir Situationen zu entgleiten drohen.

Also, du ahnst es, wir nehmen uns heute ein Brett vor. Nämlich die Frage, warum Kinder ihre Eltern oder andere Kinder hauen oder beißen?

Dieses Thema hat es auf mehreren Ebenen in sich. Zum einen haut und beißt man ja nicht. Wir stempeln dieses Verhalten meist als aggressiv ab, als unerwünscht und vielleicht sogar als auffällig.

Wir wollen, dass unsere Kinder friedvoll aufwachsen dürfen – und sich auch entsprechend verhalten. Also, Hauen und Beißen sind da alles andere als willkommene Verhaltensweisen.

Zum anderen sind wir meist selbst sehr getriggert – denken vielleicht als Erstes an mögliche Bestrafungen, um dieses Verhalten schnellstmöglich zu unterbinden. Brauchen Schutz. Und irgendeine Idee, was wir tun können.

Warum Kinder hauen oder beißen und wie du damit umgehen kannst, das schauen wir uns heute mal genauer an.

Warum beißt mein Kind? Das sind die Gründe

Ich komme direkt auf den Punkt:

Kinder hauen und beißen oder treten oder zeigen anderweitiges Verhalten, das wir vermutlich als aggressiv interpretieren würden, wenn es das einzige oder bestmögliche Mittel ist, das ihnen einfällt, um gesehen oder verstanden zu fühlen.

Das heißt:

Haut dein Kind dich oder ein anderes Kind, den Erzieher oder die Erzieherin, dann, weil es damit versucht, seine Bedürfnisse zu kommunizieren und dies der einzige Weg ist, wie es das gerade kann. Es drückt also seine Frustration ausdrücken oder verteidigt seine eigenen Grenzen – das Schlagen, Beißen oder Treten wird damit also zum Ausdrucksmittel. Dein Kind erzählt dir etwas über sich.

Dass diese Art nur grenzwertig sozialkompatibel ist – da sind wir uns bestimmt einig. Nur tut dein Kind das vor allem dann, wenn ihm die notwendigen Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten fehlen, um dich auf seine unerfüllten Bedürfnisse hinzuweisen.

Das kann besonders frustrierend sein, wenn es sich missverstanden fühlt oder ernst genommen werden will. Das Schlagen oder Beißen wird dann zur einzigen Möglichkeit, um seine Emotionen auszudrücken und seine Wünsche mitzuteilen.

Lass mich das an einem Beispiel verdeutlichen, das ich neulich beobachtet habe:

Ein Kind wollte gern etwas Süßes essen – die Mutter sagte „Nein”. Hallo, Wutausbruch.

So weit, so klar.

Die Mutter versuchte, mitten in die Wut des Kindes mehrfach die eigene Entscheidung zu erklären. Das Kind rief nur „Lass mich in Ruhe”, was ich von außen sehr gefeiert habe, weil es sein Bedürfnis damit klar artikuliert hat.

Die Mutter hingegen wollte gern verstanden werden und erklärte weiter – das Kind fing an, nach ihr zu hauen. Mutter wütend, Kind erschrocken, beide verzweifelt.

Das Kind hatte also klar kommuniziert, was es brauchte – nämlich Ruhe. Weil es sich unverstanden fühlte, sah es offenbar keine andere Möglichkeit, sich darum zu kümmern, als seine Mutter zu hauen. Da war also Frust statt der gewünschten Empathie und Ruhe.

Also, Kinder hauen und/oder beißen, spucken, treten meist, um mit ihrem unerfüllten Bedürfnis gesehen zu werden – weil sie es kommunikativ nur so schaffen.

Doch neben einem eingeschränkten Bedürfniswortschatz oder der jeweiligen Sprachentwicklung kann solch vermeintlich aggressives Verhalten auch auf eingeschränkte soziale Kompetenzen oder eine geringe Frustrationstoleranz zurückzuführen sein.

Das heißt, Kindern fällt es schwer, ihren eigenen starken Emotionen wie Wut, Frustration oder Hilflosigkeit zu regulieren. Kinder dürfen lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen und Konflikte auf friedliche Weise zu lösen. Fehlt ihnen eine dieser beiden oder gar beide Kompetenzen, können sie dazu neigen, Konflikte körperlich zu lösen.

Mehr dazu erkläre ich übrigens in Podcast-Folge #102: W – wie Wut: Wie du mit den Wutanfällen deines Kindes umgehen kannst.

Ich verwende übrigens bewusst Formulierungen wie „vermeintlich aggressiv“ – denn das ist eine Interpretation des Verhaltens. In der Gewaltfreien Kommunikation beobachten wir im ersten Schritt, statt zu bewerten oder zu interpretieren. Das heißt, dein Kind haut eben. Oder es beißt, spuckt, tritt – was auch immer.

Statt zu sagen, „Mein Kind ist aggressiv” könntest du also sagen „Mein Kind beißt mich und möchte mir damit etwas sagen”.

Was das sein kann, schauen wir uns jetzt mal genauer an.

Was sagt mir mein Kind damit? Das möchte dir dein Kind mit dem Beißen und Hauen eigentlich sagen

Dein Kind möchte dich mit seinem Verhalten also auf unerfüllte Bedürfnisse hinweisen. Welche das unter anderem sein können, schauen wir uns jetzt mal an.

Empathie

Kinder brauchen Empathie – das heißt, für sie ist es elementar wichtig, gesehen und gehört zu werden. Oftmals wird hier Bedürfnis „Aufmerksamkeit“ genannt, weil es irgendwie immer zu passen scheint.

„Dein Kind haut dich, weil es Aufmerksamkeit will.”

Doch dahinter verbergen sich meist viele andere Bedürfnisse – und oft ist es eben, wirklich mit den eigenen Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Bedürfnissen gesehen und gehört zu werden.

Autonomie

Viele Wutausbrüche und damit auch viele körperliche Reaktionen wie Hauen oder Beißen rühren daher, dass das Bedürfnis nach Autonomie erfüllt werden möchte. Kinder wollen mitentscheiden, Dinge selbst machen, etwas allein schaffen.

Wird ihnen das verwehrt, können die Reaktionen mitunter stark ausfallen und oftmals eben körperlicher Art sein.

Hilfe

Kinder brauchen Hilfe dabei, ihre Emotionen zu verstehen und zu regulieren – also zu wissen, wie sie mit starken Gefühlen wie Wut, Frustration oder Hilflosigkeit umgehen können. Oftmals ist ein Hauen oder Beißen also ein Hilferuf.

Mehr zum Umgang mit Wut und Wutausbrüchen deines Kindes findest du übrigens in meinem Artikel „Wutausbruch beim Kind – So behältst du die Nerven und die Kontrolle” hier im Herzenslexikon.

Respekt

Kinder haben das Bedürfnis, ernst genommen zu werden und respektvoll behandelt zu werden. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Grenzen überschritten werden oder ihnen kein Respekt entgegengebracht wird, können sie körperlich reagieren, um ihren Frust und ihre Unzufriedenheit auszudrücken.

Dem Thema Respekt widme ich mich übrigens ausführlich in Podcast-Folge #64: “R – wie Respekt: Wie dein Kind endlich respektvoll mit dir umgeht.”

Grundsätzlich können hinter der initialen Wut natürlich alle anderen Bedürfnisse stecken – nur sind Kinder erstmal wütend, ist es oftmals eins dieser vier Bedürfnisse, dass Erfüllung braucht, um zu vermeiden, dass Kinder hauen, beißen oder anderweitig körperlich reagieren.

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Komme sofort in die Umsetzung!

Vielleicht hat es schon Klick gemacht – dass dein Kind in erster Linie dein Verständnis und deine Hilfe braucht, wenn es haut oder beißt. Dennoch ist der gelernte erste Impuls oftmals eine Bestrafung oder die sogenannte „Bestechung” durch eine Belohnung.

Wie es ganz grundsätzlich geht, dein Kind ohne Belohnung und Bestrafung zu erziehen und begleiten, verrate ich dir in meinem E-Book:

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So gewöhnst deinem Kind das Beißen und Hauen ab - 6 Tipps

Wie gehst du nun damit um, wenn dein Kind beißt oder haut – und was kannst du langfristig dafür tun, dass dein Kind lernt, sich auf andere Art und Weise mitzuteilen?

In der konkreten Situation braucht es dein sofortiges Handeln. Du bist dafür verantwortlich, dass alles und alle heile bleiben. Das heißt, du kümmerst dich erstmal um deinen Schutz, um den deines Kindes und gegebenenfalls den anderer Kinder.

Wichtig:

So wenige Worte wie möglich. Meist braucht es nur ein „Stopp!“, vielleicht ergänzt um ein „alle bleiben heile“ oder ein „Ich bin da“. Dringender braucht es dein körperliches Einschreiten – mit liebevoller Haltung deinem Kind gegenüber, denn es handelt für sich statt gegen dich und braucht deine Hilfe. In meinen Beratungen und auch im Beispiel oben erlebe ich regelmäßig, dass Eltern ihren Kindern lang und breit erklären, dass dieses Verhalten gerade unangemessen ist – während die Kinder damit komplett überfordert sind. Noch mehr Wut vorprogrammiert.

Was kannst du nun langfristig für dein Kind tun?

 

1. Beobachten statt bewerten

Statt dein Kind zu bewerten, sein Verhalten zu verurteilen oder es sogar zu bestrafen, ist es so wichtig, auf die dahinterliegenden unerfüllten Bedürfnisse zu schauen. Was möchte dir dein Kind über sich sagen? Was braucht es gerade? Welches Bedürfnis ist unerfüllt?

Bleibst du in der Haltung, dass dein Kind gerade das Bestmögliche tut, sich um sich zu kümmern, wird es dir auch deutlich leichter fallen, den vielleicht initial aufkommenden Impuls nach Bestrafung aufzulösen. Der darf sein – denn vielleicht wurdest du selbst in solchen Situationen bestraft. Und doch gibt es einen Weg, wie es in Verbindung statt in Trennung geht.

2. Gefühls- und Bedürfnis-Wortschatz schulen

Gib deinem Kind die Möglichkeit, klar zu benennen, wie es sich fühlt und was es braucht.

Das braucht Zeit und Übung und vor allem das ganz konkrete Schulen des Gefühls- und Bedürfniswortschatzes. Das kannst du tun, indem du beispielsweise deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse benennst – wie es übrigens fester Bestandteil der GFK ist – und auch die Gefühle und Bedürfnisse deines Kindes benennst und übersetzt.

Sagst du beispielsweise „Du bist gerade total sauer, oder?!“ statt „Man haut nicht“, fühlt dein Kind sich zum einen gesehen, zum anderen lernt es allerdings durch regelmäßiges Wiederholen, dass der Impuls, zu Hauen vermutlich damit zusammenhängt, dass es sauer ist.

Und vertrau mir, übe dich in Geduld mit deinem Kind und es wird genau das tun können – nämlich sagen „Mama, ich bin total sauer”, statt dich zu hauen. Es ist wie Magie.

3. Grenzen setzen

Kinder brauchen Grenzen und Strukturen. Indem sie von uns lernen, was in der Gemeinschaft und im Miteinander gewünschtes Verhalten, also indem sie lernen, wo es lang geht, schenken wir ihnen Orientierung und Sicherheit.

Es ist wichtig, diese Regeln liebevoll und konsequent zu kommunizieren. Liebevoll Grenzen zu setzen für dein Kind ist essenziell.

4. Alternativen anbieten

Statt zu hauen oder zu beißen, um Konflikte zu lösen, können wir unseren Kindern zeigen, welche Alternativen es gibt. Wie sie sich so um sich kümmern können, dass alles und alle heile bleiben.

Eine Möglichkeit:

Hilf ihnen dabei, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu kommunizieren, wie ich in Punkt 2 schon ausgeführt habe. Zusätzlich kannst du deinem Kind zeigen, wie es seine Energie und seine Wut so rauslassen kann, dass alle unversehrt bleiben. Meine Tochter Waltraud sagt beispielsweise gern „Mama, die Wut kommt” und dann stampfen wir gemeinsam oder werden zusammen zum Wutmonster. Und schon kann die Energie abfließen und wir finden im Miteinander ganz automatisch wieder in unsere Verbindung und Leichtigkeit.

5. Präsent sein

Kinder sehnen sich nach Präsenz und Nähe. Indem wir bewusst gemeinsame Zeit mit ihnen verbringen, sie in ihren Aktivitäten begleiten und unterstützen und ihnen abseits von Smartphone, Arbeit und Co. unsere volle Präsenz schenken, fühlen sie sich gesehen und verstanden.

Das stärkt ihr Selbstwertgefühl und hilft ihnen dabei, ihre Bedürfnisse auf positive und konstruktive Weise auszudrücken.

6. Vorbild sein

Wir Eltern sind die wichtigsten Vorbilder für unsere Kinder. Indem wir selbst friedvoll, respektvoll und gewaltfrei miteinander umgehen, zeigen wir ihnen, wie Konflikte auf friedliche Weise gelöst werden können.

Der Umgang mit einem beißenden und hauenden Kind außerhalb des Zuhauses

Haut oder beißt dein Kind übrigens vor allem in der Kita, bei Freund:innen oder anderen Bezugspersonen, gilt dasselbe wie oben.

Lernt dein Kind, seine Emotionen zu regulieren, seine Gefühle zu benennen und lernt, die eigenen Grenzen und die anderer Menschen kennen und sie zu achten, kann es das auch in andere Lebensbereich übersetzen.

Gibt es konkrete Konfliktsituationen beispielsweise im Kindergarten, kommt hier einer meiner liebsten Tipps von mir:

Besprich diese Situation zunächst mit den Erziehenden und auch mit deinem Kind, um dir selbst ein Bild zu machen. Spürst du, dass dein Kind Hilfe braucht, kannst du die Situation mit einem Rollenspiel Zuhause immer wieder üben, damit es lernt, wie es den Konflikt anders lösen und sich friedvoll um sich kümmern kann.

Fazit

Ich hoffe, folgende Lampen sind in den letzten Minuten bei dir angekommen:
Kinder hauen oder beißen meist, weil dies die einzige Form der Kommunikation ist, die ihnen in bestimmten Momenten zur Verfügung steht, sich um sich selbst kümmern zu können.

Unsere Aufgabe als Eltern ist es, ihnen dabei zu helfen, alternative Wege zu finden und ihre Bedürfnisse auf positive und sozialverträgliche Weise zu erfüllen.

Indem wir

können wir ihnen dabei helfen, Konflikte langfristig friedvoll zu lösen.

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