Du kennst sie sicher auch, diese Spielplatz-Szenarien:
Während einige Kinder friedlich und freudig ins Spiel versunken sind, gibt es meistens auch eines, das mit Sand um sich wirft, das Spielzeug der anderen Kindern nimmt, ihnen mit der Schaufel eins überzieht oder die Rutsche blockiert.
Für Eltern sind solche Situationen oft eine handfeste Herausforderung – ganz gleich, ob das eigene Kind Zielscheibe dieses Verhaltens ist oder sich selbst so verhält.
Natürlich finden solche oder ähnliche Situationen genauso abseits von Spielplätzen statt.
Was steckt hinter diesem Verhalten? Was kannst du tun? In diesem Artikel möchte ich dir gerne ein paar Impulse geben, die dabei helfen können, Konflikte friedvoll zu lösen.
Warum ist mein Kind so gemein zu anderen Kindern?
Eines möchte ich gleich von Anfang an klarstellen: Kleinkinder sind grundsätzlich und allein von ihrer Hirnreife her erst einmal egoistisch und unsozial.
Soziale Verhaltensweisen sind ein kompliziertes Gebilde und unterscheiden sich ja zum Teil auch in verschiedenen Kulturen. Das heißt: Soziales Verhalten ist erlernt.
Natürlich wünschen wir uns für unsere Kinder, dass sie in einer friedvollen Welt aufwachsen, in der es möglichst harmonisch und leicht zugeht. Auch deshalb möchten wir, dass sie lernen, sich sozial und zum Wohle aller zu verhalten.
Und da machen sich viele Eltern Sorgen, wenn ihre Kinder sich schwer tun mit einem friedlichen Miteinander. Weil der Wunsch in uns allen so groß ist, dass unsere Kinder klarkommen.
Die gute Nachricht ist, dass du deinem Kind dabei helfen kannst, freiwillig zum Wohle anderer beizutragen und zu einem Menschen herangewachsen, der seine eigenen Bedürfnisse ebenso wie die der anderen im Blick hat. Und das geht ganz ohne Schimpfen und Bestrafen!
Also, schauen wir uns doch einmal an, warum Kinder (übrigens auch Erwachsene!) durch Verhalten auffallen, das wir als unsozial empfinden.
Eine Grundannahme der Gewaltfreien Kommunikation, der GFK, ist es, dass jeder Mensch mit jeder Verhaltensweise versucht, sich ein Bedürfnis zu erfüllen. Er oder sie wählt dafür die Strategie, die als die bestmögliche erscheint oder eben die einzige, die gerade zur Verfügung steht. Und diese Strategie ist dann manchmal wenig sozialverträglich oder schlicht ungeeignet, um zum gewünschten Ziel zu gelangen!
Welche Bedürfnisse stecken dahinter?
Ein Kind, das mit Sand um sich wirft, hat möglicherweise das Bedürfnis, gesehen und wahrgenommen zu werden. Ein Kind, das einem anderen Kind die Schaufel über den Kopf zieht, braucht vielleicht gerade Ruhe und Rückzug. Ein Kind, das die Rutsche blockiert, hat womöglich gerade das Bedürfnis nach Gemeinschaft und nutzt die Blockade als (zugegeben suboptimale) Strategie, um mit den anderen Kindern in Kontakt zu kommen.
Und so weiter!
Du verstehst bestimmt, worauf ich hinaus will. Und hast schon eine Ahnung, wie du deinem Kind helfen kannst, diese vermeintlich unsozialen Verhaltensweisen zu überwinden: Indem du in die Einfühlung gehst und ihr gemeinsam herausfindet, welches unerfüllte Bedürfnis eigentlich hinter dem Verhalten steckt. Und dann vor allem: Was ihr tun könnt, um das Bedürfnis auf andere, sozialverträglichere Weise zu erfüllen.
Mein Kind ist sogar gemein zu Freunden
Wenn dein Kind auch oder vielleicht sogar vor allem bei Freunden wenig soziale Verhaltensweisen zeigt, dann oft deshalb, weil es sich hier sicher fühlt.
Im geschützten Kreis der Freunde fällt es Kindern (und Erwachsenen!) leichter, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und authentisch zu sein. Weil der soziale Druck geringer ist, als wenn nur Fremde um uns herum sind.
Wir vertrauen darauf, dass unsere Freunde uns auch dann noch mögen, nachdem wir Frust abgelassen haben.
Auch hier sind wir als Erwachsene gefragt, die die Situation mit Empathie begleiten und gemeinsam mit dem Kind Strategien finden, die zur Bedürfniserfüllung im Miteinander geeignet sind und sicherstellen, dass alles und alle heile bleiben.
Mein Kind will nicht teilen
„Man muss teilen“ – das halten wir zunächst mal für gesetzt, für wahr, für geltendes Spielplatzrecht sozusagen. Genauso wie „man macht Platz für andere“, „man muss auf andere Rücksicht nehmen“ und viele andere soziale Prinzipien.
Hand aufs Herz: Diese Prinzipien sind Kindern komplett egal.
„Das ist meins“,
„Ich hatte das zuerst“ oder
„Ich will das jetzt auch mal haben“.
Ich bin ja der festen Überzeugung, dass wir GAR NICHTS müssen.
Und ich frage gerne: Wer ist eigentlich dieser „man“?
Wir wollen raus aus Zwängen, rein in die Freiwilligkeit. Und auch das Teilen ist eine freiwillige Entscheidung:
Bin ich bereit zu teilen? Das entscheidet jede:r selbst!
Klingt ungewohnt für dich? In meinem Artikel „Teilen lernen“ erkläre ich genauer, was ich damit meine, und gebe dir viele Tipps und Impulse, wie du diese Haltung für dich und mit deinem Kind umsetzen kannst.
Mein Kind schlägt andere Kinder sogar
Wenn dein Kind andere Kinder grundlos haut und es um körperliche Gewalt geht, bist du gefragt, und zwar sofort. Es ist deine Verantwortung, als anwesende erwachsene Person dafür zu sorgen, dass alle heile bleiben. Körperliche Gewalt verhindern geht am besten mit ganz wenigen, jedoch klar und unmissverständlich gesprochenen Worten (zum Beispiel einfach „Stopp!!!“) und körperlicher Invention, zum Beispiel indem du die Hand deines Kindes festhältst.
Viele Worte überfordern das Kind in dieser Situation. Es braucht jetzt vor allem die klare Grenze: Es wird nicht gehauen – alle bleiben heile!
Sobald dein Kind sich wieder entspannt, kannst du in die verbale Einfühlung gehen und mit ihm sprechen – vorher braucht es meist nur deine nonverbale Empathie und deine Präsenz, um sein Nervensystem herunterfahren zu können. In meinem Artikel „Kind beißt und haut“ habe ich viele Impulse und Tipps, wie ihr alternative Strategien zur Bedürfniserfüllung findet.
Mein Kind ist bösartig und hinterhältig – Charakter oder unerfüllte Bedürfnisse?
Kein Kind ist bösartig oder hinterhältig. Dies sind Interpretationen, die wir anhand des Verhaltens der Kinder treffen – und genau davon wollen wir weg und stattdessen die unerfüllten Bedürfnisse sehen, für deren Erfüllung das Kind gerade keine passendere Strategie hat. Wie wunderbar, dass wir ihm dabei helfen können und dürfen, oder?
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Wie du auf Belohnung und Bestrafung verzichten kannst
Es leuchtet dir ein, dass du mit Einfühlung und Bedürfniserfüllung viel mehr Verbindung und Miteinander erreichen kannst, als mit Belohnen und Bestrafen?
Du möchtest noch mehr darüber erfahren, warum es sich lohnt, auf Lob und Strafe verzichten, und dir ganz konkrete Impulse holen, wie du mit deinem Kind in die wertschätzende Kommunikation kommst? Dann hol dir gerne mein E-Book für 0 Euro!
Wie sollte ich reagieren, wenn mein Kind gemein ist?
Das Wichtigste ist erst einmal, körperliche Eingriffe sofort zu unterbinden: mit wenigen Worten und klaren Signalen.
Wirst du wütend, wenn dein Kind unsoziale Verhaltensweisen zeigt? Dann darfst du dich zuerst um deine Wut kümmern – dazu wiederum findest du meine Impulse beispielsweise in meinem Artikel „Mein Kind macht mich aggressiv – die Wut gegen das eigene Kind“.
Wenn dein Zeiger wieder aus dem roten Bereich ist und auch dein Kind bereit ist, findet je nach Alter gemeinsam heraus, was dein Kind eigentlich braucht und welches Bedürfnis es sich mit seinem Verhalten zu erfüllen versucht hat. Wenn du dazu noch mal eine gründliche Anleitung möchtest, empfehle ich dir meinen Artikel „Gewaltfreie Kommunikation einfach erklärt“.
Was kann man dagegen tun? So kannst du deinem Kind soziales Verhalten beibringen
Wenn Kinder lernen, dass sie okay so sind, wie sie sind, mit all ihren Gefühlen und ihrem Verhalten und sie on top Strategien lernen, um sich auch auf sozialverträgliche Weise um sich kümmern zu können, brauchen sie kein Hauen, Ärgern oder Provozieren.
Jeder Mensch ist bereit, zum Wohle der Gemeinschaft beizutragen, sofern seine eigenen Bedürfnisse erfüllt sind oder gesehen werden. Der Wunsch nach Harmonie, nach Gemeinschaft, nach Angenommensein, nach Leichtigkeit, nach Spiel und Spaß – er ist in jedem von uns vorhanden.
Und wenn Kinder lernen, dass sich diese Bedürfnisse durch bestimmte Strategien ganz automatisch auch erfüllen, entwickeln sie nach und nach ganz freiwillig soziales und verbindendes Verhalten.
Fazit
Noch mal kurz auf den Punkt gebracht: Jeder Mensch versucht mit jeder Verhaltensweise, sich ein Bedürfnis zu erfüllen.
Dafür nutzt er die Strategie, die ihm dafür zur Verfügung steht. Gerade Kinder (und ehrlich gesagt auch viele Erwachsene, wir alle!) haben erst noch zu lernen, was eigentlich geeignete Strategien zur Bedürfniserfüllung sind.
Indem wir unsere Kinder empathisch begleiten, können wir den unerfüllten Bedürfnissen nachspüren und gute Strategien zu ihrer Erfüllung finden.
Das haben Leser:innen noch gelesen:
- Mein Kind macht mich aggressiv: Die Wut gegen das eigene Kind und wie du damit umgehst
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- In 7 Schritten zum liebevollen Erziehen ohne Schimpfen: Die ultimative Anleitung
- Konsequentes Erziehen ohne Strafen: 5 Tipps, um auf Bestrafung zu verzichten
Relevante Podcast-Folgen:
- Folge 04: K– wie Konflikte unter Kindern und das Wort „Entschuldigung“
- Folge 34: S - wie Spielplatzkonflikte friedvoll Lösen: Was tun, wenn mein Kind die Rutsche „blockiert“? Teil 1.
- Folge 56: M - wie Mobbing: Wo fängt Mobbing an und wo hört Mobbing auf? Teil 1.
- Folge 57: M - wie Mobbing: Wie gehe ich mit Mobbing um? Teil 2.
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