„Wenn jemand das, was Marshall Rosenberg sich gedacht hat, weiterführen kann, dann ist das Kathy.”
In meiner neuen Interviewreihe mit der #gfkmitkathy-Community nehme ich dich mit auf eine Reise voller Erfahrungen.
Marshall B. Rosenberg hat die Gewaltfreie Kommunikation theoretisch entwickelt – doch erst durch seine Geschichten hat er sie auf Seminaren, Konferenzen und ähnlichem für Millionen von Zuhörer:innen spürbar werden lassen. Mit seinen Geschichten hat er die Menschen berührt und bewegt.
Die GfK lebendig zu halten ist auch mein großes Ziel. Ich möchte sie sogar (er-)lebbar machen. Das schaffe ich durch so viele Beispiele aus meinem Alltag wie möglich. Mittlerweile gibt es immer wieder Eltern, die durch meine Impulse täglich profitieren und sich bei mir wertschätzend zurückmelden.
Die Gewaltfreie Kommunikation lebt meines Erachtens von genau diesen Geschichten und spürbaren Erfahrungen, und diese Interviews helfen dir neben meinem persönlichen Input aus dem Podcast und von Instagram eben auch die Erfahrung anderer spürbar werden zu lassen.
Im heutigen Interview haben sich meine Assistentin Jennifer und Marny erstmalig austauschen dürfen. Und es war mir ein Fest, diesem Gespräch nach meinem Urlaub zu lauschen.
Marny lebt mit ihren beiden Töchtern (4 und 1) und ihrem Mann in Brandenburg an der Havel.
Sie berichtet von ihren Erfahrungen mit der Gewaltfreien Kommunikation in ihrem Mama-Alltag, mit weiteren Familienmitgliedern und im beruflichen Kontext. Marny studiert Soziale Arbeit und ist Erzieherin und hat viele Erfahrungen aus der Kinder- und Jugendhilfe.
Auch ihr Mann ist als Kindheitspädagoge offen und nimmt sich viel mit aus dem Wissen, das Marny sich mit dem Hören meines Eltern-Podcasts „Familie Verstehen – das ABC der Gewaltfreien Kommunikation”, meinen Instagraminhalten und nun auch vertiefend mit dem Gewaltfreie Kommunikation Onlinekurs „Mit Kindern in Verbindung” erarbeitet hat.
Lasst uns eintauchen in die Erfahrungen von Marny!
Wie hast du zur Gewaltfreien Kommunikation gefunden?
Ich studiere Soziale Arbeit, daher war mir Marshall Rosenberg schon aus dem Studium bekannt und mir war die Thematik auch nicht ganz fremd.
Doch irgendwie ist der Funke im Studium noch nicht übergesprungen.
Es war zwar interessant. Doch es war mir zu taktisch, prozessual und entfremdet vom Menschlichen.
Aber vor ca. zwei Jahren hat mich eine Freundin angesprochen, dass ich verhältnismäßig oft „scheiße” im Alltag sage. Sie wiederum würde darauf verzichten wollen, da sie es mit Gewaltfreier Kommunikation versuchen.
Und da erinnerte ich mich an mein Seminar und hatte das für mich anders im Kopf: dass die Gewaltfreie Kommunikation weniger damit einhergeht, auf Kraftausdrücke zu verzichten.
Und dann recherchierte ich und kam auf Kathy. Kathy hat mich mit ihrer Art mitgerissen und hat mich die Gewaltfreie Kommunikation erfahrbarer werden lassen. Ich habe auch verstanden, es ist weniger strategisch das Modell als solches, sondern vielmehr eine Haltung oder sogar ein Menschenbild.
Mit Kathys Arbeit ist bei mir der Groschen dann gefallen.
Und obwohl wir, mein Mann und ich, vom Fach sind, lernen wir jede Menge dazu. Die Gewaltfreie Kommunikation hilft mir in meiner Fachlichkeit und auch in meinem alltäglichen Leben.
Und sagst du noch „scheiße“?
Ja. Ich finde, wenn was „scheiße“ ist, darf ich das auch sagen.
Was hat dich in den Bann gezogen und was hält dich am Ball?
Kathy hat für mich eine unglaublich fesselnde Energie.
Und das zieht mich wirklich in den Bann. Tatsächlich sie als Person hält mich am Ball.
Ihre Energie und ihre Beispiele machen es so erfahr- und nachahmbar.
Dass es nicht so das Gefühl von „Ich lerne eine Theorie und versuche diese anzuwenden“ ist – sondern mehr ein Erleben wird.
Ich kann ja fast eins zu eins Sätze übernehmen und mich daran üben. Auch wenn das nicht ihr Ansinnen dahinter ist, hilft mir genau das für den Start, die Technik erfahrbarer werden zu lassen und daraus dann meine eigenen Sätze zu formulieren.
Was hat sich für dich verändert, seitdem du die Gewaltfreie Kommunikation lebst?
Wir haben schon vorher bedürfnisorientiert gelebt.
Durch die GfK wurde ich (selbst)verantwortlicher in meinem Tun und stehe für meine eigene Stimmung und mein Befinden ein.
Es ist kein innerliches Schimpfen mehr auf das Verhalten des Kindes. Es geht mehr ins Beobachten und Erforschen.
Was sehe ich?
Was macht es mit mir? Was kann ich jetzt tun, um meinem Kind sinnvoll zu begegnen?
Das hebt für mich die Verantwortlichkeit im Familienalltag wieder zu den Eltern und weg vom Kind. Auch mein Mann sagte, als ich ihm die Frage stellte, dass er viel reflektierter in (Konflikt-)Situationen gehen kann.
Ich persönlich finde schon alleine den ersten Satz, den ich an mein Kind richte, so wertvoll.
Wenn ich im ersten Satz sage, was ich sehe, statt was ich bewerte, hilft mir das persönlich total dabei, mich in mein Kind reinfühlen zu können.
„Du ärgerst dich“ oder „Ich sehe du hast …”
Dieser erste Satz hilft mir Abstand zu nehmen und raus aus meinem Gefühl, z. B. der Wut, zu kommen.
Oft ist das die Eintrittstür, um auf meine eigene Empathie zugreifen zu können.
Schaffst du das immer? Auf deine Empathie zugreifen zu können?(
Nee.
Ich schaffe es oft. Ich schaffe es auch sehr oft, meinen Mann mit zu involvieren.
Und er lebt das mit mir zusammen, obwohl er noch keine Sekunde was von Kathy Weber angehört hat.
Es „funktioniert” nicht immer – gerade, wenn meine Bedürfnisse nicht gedeckelt sind.
Es ist für mich ein Prozess. Und der wird vielleicht für immer dauern.
Ich habe eine Oma, die ist an Demenz erkrankt, und selbst hier hilft mir die Gewaltfreie Kommunikation für den nötigen Abstand und das Einfühlen in gewissen Situationen.
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Was sind deine größten Herausforderungen mit der Gewaltfreien Kommunikation?
Es immer anzuwenden ist meine größte Herausforderung.
Und als Nächstes mit den Blicken der anderen – also von meiner Familie und meinen Freunden – umzugehen.
Unsere Großeltern sind sehr offen, und doch merke ich, wie sie für mich genervt gucken, wenn ich mit meinen Kindern rede.
Ich versuche den Großeltern dann viel zu erklären und doch merken wir, dass es oft noch belächelt wird.
In deren Generation wurde einfach auch nicht diskutiert mit Kindern.
Das schmerzt manchmal, da ich schon gerne unterstützt und gesehen werde in meinem Sein. Mir fehlt da die Anerkennung und Wertschätzung vom Außen.
Ich bin mir bewusst, das kommt aus meiner Kindheit und habe mir dahingehend auch professionelle Unterstützung geholt. Und im Sinne der GfK kümmere ich mich um mich selbst.
Noch bin ich sehr abhängig von den Kommentaren anderer und kann mich auch noch nicht selbst für mein Tun und Sein wertschätzen.
Ich weiß in der Theorie, was ich leiste, doch im Herzen ist es noch nicht angekommen.
Extrem herausfordernd finde ich außerdem Worte für meine Bedürfnisse zu finden.
Am Anfang habe ich dann die Gefühls- und Bedürfniskarte (siehe auch im Shop) genommen und die Bedürfnisse auswendig gelernt, da ich immer nur auf drei Bedürfnisse komme.
Ich hätte da gerne manchmal die kleine Kathy auf meiner Schulter, die mich dann immer noch mal hinterfragt.
Welche drei Bedürfnisse hast du für dich da herausgefunden?
Ruhe/Entspannung, Schlaf und Freiheit im Sinne von eigenen Raum finden.
Was ist dein Lieblingszaubermoment?
Hab ich lange drüber nachgedacht.
Ich finde, dass jeden Tag Zaubermomente passieren. Jeder Tag, wenn meine Tochter mir zeigt, was sie fühlt und braucht, ist für mich ein Zaubermoment. Denn sie hat einen Zugang zu sich selbst, der mir selbst leider verloren gegangen ist.
Sie übernimmt sogar bereits Sätze der Gewaltfreien Kommunikation im Umgang mit ihrer kleinen Schwester.
Und wenn ich einen einzigen Moment nehme, dann ist es folgender:
Als wir frisch nach Brandenburg gezogen sind, haben wir einen Monat hier gewohnt. Am Anfang waren wir viel in der Wohnung. Es war auch kalt hier. Und eines Tages wollten wir mal die Gegend erkunden und hatten uns dann vorgenommen: Heute gehen wir in den Wald.
Zwei Kinder und sich selbst fertigmachen, damit zieht immer ein bisschen Zeit ins Land.
Es gibt auch viele Konflikte zwischen dem Weg vom Bett in den Wald.
Und nach dem fünften begleiteten Konflikt waren wir alle angezogen und meine Tochter sagte in der Situation des Losgehens: „Ich will die Kreide mitnehmen.”
Ich verdrehte die Augen und sagte:
„Wir brauchen die Kreide nicht im Wald. Nein, du nimmst die bitte nicht mit.”
Und dann kam so ein:
„Warum eigentlich nicht?” in meinen Kopf und ich sagte: „Naja komm, nimm sie mit. Wir probieren aus, was wir mit der Kreide im Wald machen können.”
Dann sind wir los und direkt vor der Tür sagte sie:
„Ich will mit Kreide malen.”
Und ich ging in mich, merkte, wir sind erstmal draußen, wir haben Zeit und so sagte ich in Absprache mit meinem Mann:
„Ja mal mit Kreide, fünf Minuten, und dann gehen wir in den Wald.”
Damals waren die „fünf Minuten“ unsere Strategie. Unabhängig davon, dass sie die als Dreieinhalbjährige wohl noch nicht greifen konnte, war das eben unsere Wahl.
Sie malte und malte und wir merkten schnell, wie intensiv sie gerade dabei war und wollten das auch nicht unterbrechen. So ließen wir sie malen und malen.
Am Ende waren es 50 Minuten.
Irgendwann sagte mein Mann: „So, wir gehen jetzt los in den Wald.”
Und sie schaute hoch und sagte nur „nein“ und hat weitergemalt.
Wir merkten: So wird das jetzt nichts. Und dann ging mein Mann bewusst in die Empathieschleife.
„Du findest das gerade richtig super mit dem Malen?“
„Ja.”
„Du würdest gerne ewig weitermalen, weil das so viel Spaß macht?”
„Ja.”
„Und die Farben sind auch so bunt, oder?”
„Ja.”
Nach noch zwei weiteren Fragen und gefolgten „Jas“ meiner Tochter sagte mein Mann dann zu ihr:
„Mir gefällt das gerade richtig gut, zu sehen, wie viel Spaß du hast. Gleichzeitig ist mir jetzt richtig kalt, und ich möchte mich bewegen, damit mir wieder warm wird, und ich habe mich auch so auf den Wald gefreut. Können wir vielleicht doch in den Wald gehen?”
Sie stand auf, klopfte ihre Hände ab und wir konnten in den Wald gehen.
Durch den Raum für ihren Spaß und das Gesehenwerden war sie einfach ganz freiwillig bereit mitzukommen. Das war ein großer Zauber für uns.
Du sagtest, dein Mann hat noch nichts von Kathy angehört, das klingt jetzt schon anders, oder?
Er hat viel von mir angenommen. Ich rede viel und gerne und mit ihm auch über alles. Und habe ihn an meinen Erkenntnissen erst aus dem Podcast und jetzt auch dem Kurs teilhaben lassen.
Er kann es gut annehmen und er will durch seinen beruflichen Hintergrund eben auch wertschätzend leben.
Ich lebe es außerdem aktiv im Alltag allen immer wieder vor, und das wird von beiden angenommen – von meiner Tochter und meinem Mann.
Wo hilft dir die Gewaltfreie Kommunikation deine bedürfnisorientierte Elternschaft zu leben?
Ich bin vor der Gewaltfreien Kommunikation ganz oft über meine eigenen Grenzen gegangen.
Hab mich und meine Bedürfnisse immer nach hinten weggeschoben.
Die Gewaltfreie Kommunikation hilft mir, diese im Alltag immer mehr zu sehen.
Mit der Empathieschleife kann ich mich auch von Gefühlen anderer abgrenzen, dafür bin ich durch meine Hochsensibilität sehr empfänglich.
Ohne die GfK hatte ich oft das Gefühl, dass sich alles gegen mich richtet und Konflikte immer mit mir zu tun haben. Da hilft mir die Gewaltfreie Kommunikation auch sehr.
Fällt dir die Haltung hinter der Gewaltfreien Kommunikation noch schwer?
Nein.
Wo es am meisten Klick gemacht hat, ist in der Grundannahme:
„Ich kann jederzeit meine Meinung ändern.”
Das hat so viel Erleichterung gebracht.
Alleine der Prozess der bedürfnisorientierten Elternschaft zeigt mir die ständigen Veränderungen im Leben auf.
Konsequent sein bedeutet für mich nicht mehr, dass ich immer hart sein muss und jeden Tag die gleiche Antwort nutzen muss.
Als Sozialarbeiterin bin ich es auch gewohnt mit Menschen zu arbeiten, die vielleicht dumme Dinge getan haben. Und hier erlebe ich täglich, dass es das ihnen Bestmögliche in dieser Situation war und dass sie Hilfe brauchen.
Ich weiß gerade durch meine Arbeit: Der Mensch ist und handelt ja nicht ohne Grund so.
Ich verfalle da eher in die Situation und Aufopferung:
„Ich rette alle.”
An die Grenze könnte mich die Haltung der GfK bringen, wenn es an meine eigenen Kinder gehen würde, z. B. Richtung Pädophilie. Es wäre schwierig dann zu leben, dass „jeder sein Bestmögliches tut”. Gleichzeitig wüsste mein fachlicher Verstand, dass auch diese Menschen Hilfe brauchen.
Ich merke auch, dass genau diese Grundannahme mich zwickt, wenn meine Große trotz Absprache körperlich gegenüber der Kleinen wird.
Welche Frage würdest du Kathy gerne stellen?
Mein erster Impuls war: „Möchtest du meine Freundin sein?”
Dann dachte ich, das wäre vielleicht etwas schnell und viel. Doch vielleicht so was wie:
„Können wir gemeinsam einen Kaffee trinken?”
Kathy sagte mal auf die Frage „Wer ist dein Vorbild?”: „Ich habe keine Vorbilder.”
Für mich ist es schon irgendwie Kathy. Und sie daher mal live zu erleben und gemeinsam mit ihr schnattern zu können, das wäre schön.
Kathys Antwort!
Liebe Marny, danke dir für deine Offenheit und deine Wertschätzung mir und meiner Arbeit gegenüber.
Deine Worte und Erfahrungen haben mich zutiefst berührt.
Gerne bin ich dein GfK-Kumpel und ich arbeite im Hintergrund, sobald es Corona zulässt, auch an der Möglichkeit meine Community live – in echt und in Farbe – kennenzulernen.
Darauf freu ich mich schon jetzt – und da wird definitiv geplaudert.
Alles Liebe,
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